Vorübergehender Schutz für aus der Ukraine geflüchtete Menschen

Menschen, die vor dem Krieg in der Ukraine fliehen, können einen vorübergehenden Schutzstatus bekommen. Das ist etwas anderes als ein Schutzstatus aus dem Asylverfahren. Auch das Verfahren, das diese Personen durchlaufen, ist ein anderes als das Asylverfahren. Aber nicht alle Menschen, die aus der Ukraine fliehen, bekommen diesen Status. Auf dieser Seite informieren wir darüber, was der vorübergehende Schutzstatus ist, wer diesen bekommt, wie das Verfahren ist, und wie die rechtliche Situation von Menschen mit diesem Status ist.

Anlässlich der Invasion der Ukraine durch Russland hat der Europäische Rat am 2. März 2022 erstmals das Vorliegen eines Massenzustroms von Vertriebenen festgestellt. Damit wurde die Grundlage geschaffen, um Menschen, die vor dem Krieg in der Ukraine geflüchtet sind, einen vorübergehenden Schutzstatus und Aufenthaltsrecht in Staaten der Europäischen Union zu geben. Die Situation für diese Personen unterscheidet sich grundlegend von der Situation von Asylsuchenden. Sie müssen kein Asylverfahren durchlaufen und es ist keine individuelle Prüfung einer Gefährdung im Falle einer Rückkehr in die Ukraine notwendig. Das einzige, was geprüft wird, ist ob eine Person zu einer der Gruppen gehören, denen laut Ratsbeschluss der vorübergehende Schutz zugesprochen wird. Diese Regelung wurde seither mehrmals verlängert. Im Juni 2024 hat der Europäische Rat beschlossen, den vorübergehenden Schutz für Geflüchtete aus der Ukraine um ein weiteres Jahr bis zum 4. März 2026 zu verlängern.
 

Für welche Personengruppen gilt der vorübergehende Schutz?

Der vorübergehende Schutz gilt für folgende Gruppen:

  • Ukrainische Staatsangehörige, die vor dem 24. Februar 2022 ihren Aufenthalt in der Ukraine hatten
    Staatenlose und Staatsangehörige anderer Drittländer als der Ukraine, die vor dem 24. Februar 2022 in der Ukraine internationalen Schutz oder einen gleichwertigen nationalen Schutz genossen haben
  • Familienangehörige der ersten beiden genannten Personengruppen (d.h. Ehegatten, unverheiratete Lebenspartner, minderjährige ledige Kinder und enge Verwandte unter weiteren Voraussetzungen), auch wenn sie nicht ukrainische Staatsangehörige sind
  • Personen ohne ukrainische Staatsangehörigkeit, die sich vor dem 24. Februar 2022 nicht nur vorübergehend in der Ukraine aufgehalten haben, und entweder einen unbefristeten Aufenthalt in der Ukraine hatten oder die nicht sicher und dauerhaft in ihre Herkunftsländer zurückkehren können. Letzteres wird für die Staaten Afghanistan, Eritrea und Syrien angenommen, für Angehörige aller anderen Staaten erfolgt eine individuelle Prüfung durch die Ausländerbehörden.

Detaillierte Informationen zur Anwendung der Massenzustromrichtlinie in Deutschland, unter anderem dazu, welche Personengruppen den vorübergehenden Schutz bekommen, finden sich im aktuellen Länderrundschreiben des Bundesinnenministeriums.

Informationen zur aufenthaltsrechtlichen Situation von ukrainischen Staatsangehörigen, die in keine der oben genannten Kategorien passen, gibt es beim Flüchtlingsrat Niedersachsen.

Das Bundesinnenministerium ist der Auffassung, dass Personen, die neben der ukranischen Staatsangehörigkeit auch die eines EU-Mitgliedsstaates haben, nicht in den Genuss des vorübergehenden Schutzes kommen können. Dies ist fragwürdig, weil Unionsbürger*innen grundsätzlich nicht gegenüber Drittstaatsangehörigen schlechtergestellt werden dürfen, wie Claudius Voigt in seinem FAQ (Frage 5) erklärt. Dieses Problem betrifft vor allem Roma aus der westukrainischen Region Transkarpatien. Mehr Informationen dazu gibt es beim Roma Antidiscrimination Network.
 

Einreise und Beantragung des vorübergehenden Schutzes

Alle Personen, die sich am 24. Februar 2022 in der Ukraine aufgehalten haben, sind für die ersten 90 Tage nach der Einreise nach Deutschland von der Erfordernis, einen Aufenthaltstitel zu besitzen befreit. Neben der Ermöglichung einer legalen Einreise – eine Option, die Menschen auf der Flucht in aller Regel nicht haben – hat dies den zusätzlichen Vorteil, dass ein Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum vorübergehenden Schutz eine sogenannte Fiktionswirkung auslöst, und der Aufenthalt damit während der Bearbeitung des Antrags bereits als erlaubt gilt. Nach erfolgter erkennungsdienstlichen Behandlung besteht ein Anspruch auf Sozialleistungen nach dem SGB und ein Zugang zum Arbeitsmarkt. Auf unseren entsprechenden Themenseiten finden Sie mehr Informationen zu den Themen Sozialleistungen und Arbeit. Diese Informationen gelten auch für Menschen aus der Ukraine. Gerade für Personen ohne ukrainische Staatsangehörigkeit ist wichtig zu wissen, dass diese Fiktionswirkung immer gilt, unabhängig davon, wie aussichtsreich der Antrag auf vorübergehenden Schutz ist.

Auch wenn bereits in einem anderen Staat der Europäischen Union der vorübergehende Schutz erteilt worden ist, besteht ein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis in Deutschland, wenn die übrigen Voraussetzungen erfüllt sind.

Zuständig für die Entgegennahme der Anträge auf vorübergehenden Schutz ist die lokale Ausländerbehörde an dem Ort, wo die schutzsuchende Person in Deutschland untergebracht ist. Mehr Informationen zum Thema Wohnen und Unterbringung finden Sie hier.

In einigen Bundesländern kann der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis auch online gestellt werden. Um herauszufinden, ob das in einem konkreten Fall möglich ist, kann auf der entsprechenden Seite des Portals „Germany4Ukraine“ die Postleitzahl des Wohnorts angegeben werden.

→  Online-Dienst zur Beantragung einer Aufenthaltserlaubnis für Geflüchtete aus der Ukraine
 

Drittstaatsangehörige

Personen ohne ukrainische Staatsangehörigkeit bekommen nur dann den vorübergehenden Schutz, wenn sie entweder einen internationalen Schutzstatus oder ein unbefristetes Aufenthaltsrecht in der Ukraine haben, ukrainische oder international Schutzberechtigte Familienangehörige haben, oder wenn sie nicht sicher und dauerhaft in ihre Herkunftsländer zurückkehren können. Dies wird aktuell für die Länder Afghanistan, Syrien und Eritrea angenommen. In allen anderen Fällen muss die Unmöglichkeit der sicheren und dauerhaften Rückkehr im Einzelfall glaubhaft gemacht werden. Die Ausländerbehörden sind für die Entgegennahme entsprechender Anträge zuständig, aber das BAMF wird an dem Verfahren beteiligt.

Es handelt sich hierbei nicht um ein Asylverfahren, sondern um ein Verfahren eigener Art. Deshalb sind auch die Rechtsfolgen eines solchen Antrages anders. Die Person ist nicht verpflichtet, in einer Erstaufnahmeeinrichtung zu wohnen und hat keine Aufenthaltsgestattung, sondern eine Fiktionsbescheinigung, sofern sie sich zum Zeitpunkt der Antragstellung rechtmäßig in Deutschland aufhielt. Alle Personen, die aus der Ukraine fliehen, dürfen sich 90 Tage rechtmäßig in Deutschland aufhalten. Ein Antrag auf vorübergehenden Schutz, der in dieser Zeit gestellt wurde, löst eine Fiktionswirkung aus, die bestehen bleibt, bis über den Antrag entschieden wurde. In dieser Zeit haben die Betroffenen den gleichen Zugang zu Sozialleistungen und Arbeit wie ukrainische Staatsangehörige.

Auch ein Antrag auf einen Aufenthaltstitel zu einem anderen Zweck – beispielsweise zur qualifizierten Beschäftigung oder zum Studium – löst eine solche Fiktionswirkung aus. Anders als bei Personen, die einen Asylantrag gestellt haben, können anderweitige Aufenthaltstitel, etwa zu Beschäftigungs- oder Bildungszwecken – erteilt werden, ohne dass die Person ausreisen und das Visumsverfahren nachholen muss. Dieser Aspekt kann möglicherweise Optionen eröffnen für Personen, die keinen Anspruch auf den vorübergehenden Schutz haben.

Handbook Germany hat einige wichtige Fragen und Antworten zu Drittstaatsangehörigen aus der Ukraine veröffentlicht.
 

Rechtsfolgen des Aufenthalts zum vorübergehenden Schutz

Die Aufenthaltserlaubnis wird für die Dauer von einem Jahr ausgestellt, rückwirkend zum Tag der Einreise, frühestens allerdings zum 4. März 2022. Der Status des vorübergehenden Schutzes, der die Anspruchsgrundlage für die Aufenthaltserlaubnis ist, kann verlängert werden (zunächst bis zu zweimal für sechs Monate, anschließend nochmal für ein Jahr, für eine Gesamtdauer von maximal drei Jahre). Der vorübergehende Schutz kann auch jederzeit durch einen Beschluss des Europäischen Rats beendet werden. Wie es danach für die Geflüchteten aus der Ukraine weitergehen wird, ist noch unklar. Die Mindestaufenthaltsdauer für eine Niederlassungserlaubnis (fünf Jahre) wird jedenfalls alleine mit einer Aufenthaltserlaubnis zum vorübergehenden Schutz nach derzeitiger Rechtslage nicht erreicht werden können.

Der Anspruch auf Sozialleistungen nach dem SGB und der Zugang zum Arbeitsmarkt, die mit dem Antrag auf die Aufenthaltserlaubnis zum vorübergehenden Schutz entstanden sind, gelten natürlich nach der Erteilung fort. Auf unseren entsprechenden Themenseiten finden Sie mehr Informationen zu den Themen Sozialleistungen und Arbeit, die auch für Menschen aus der Ukraine gelten.

Die Aufenthaltserlaubnis wird mit einer Wohnsitzauflage versehen, für die die gleichen Bedingungen und Ausnahmen gelten wie für Personen mit Flüchtlingsanerkennung, subsidiären Schutz oder Abschiebungsverbot. Mehr dazu im folgenden Beitrag:

→  Überblick kompakt: Wohnsitzregelung für Personen mit humanitären Aufenthaltstiteln

Es besteht keine Verpflichtung zur Teilnahme an einem Integrationskurs und auch keinen Rechtsanspruch darauf. Die Zulassung ist allerdings auf Antrag (zu stellen bei der zuständigen Regionalstelle des BAMF, die sie hier finden können) möglich.

→  Antragsformular auf Zulassung zur Teilnahme am Integrationskurs
→  Merkblatt zur Teilnahme am Integrationskurs in zahlreichen Sprachen (u.a. Ukrainisch und Russisch)

Einen Überblick zu diesen Fragen bietet der Beitrag Information für aus der Ukraine geflüchtete Menschen.
 

Reisen

Wer eine Aufenthaltserlaubnis nach §24 AufenthG besitzt, darf für bis zu 90 von 180 Tagen in andere Staaten der EU oder der Schengen-Zone reisen, wenn man einen biometrischen Reisepass oder einen Reiseausweis für Ausländer hat und die Reise selbst finanzieren kann. Wer einen nicht-biometrischen Reisepass hat, benötigt in der Regel ein Visum. Allerdings erlauben viele Staaten zur Zeit Ukrainer*innen die Einreise auch ohne biometrischen Pass und ohne Visum. Im konkreten Fall ist es eine gute Idee, bei der Botschaft des Landes, in das man reisen möchte, zu fragen.

Wenn eine Person mit vorübergehendem Schutz in Deutschland in einem anderen EU-Staat vorübergehenden Schutz beantragt, erlischt der Schutzstatus in Deutschland nicht, wohl aber die Aufenthaltserlaubnis.

Eine Reise in die Ukraine führt nicht zum Erlöschen oder zum Widerruf des Schutzstatus oder der Aufenthaltserlaubnis nach § 24 AufenthG, es sei denn es handelt sich um eine Rückkehr aus nicht nur vorübergehendem Grund. Nach sechs Monaten Abwesenheit aus Deutschland erlischt die Aufenthaltserlaubnis.