Gesundheit und Sozialleistungen

Erstinformationen und weiterführende Materialien zum Thema

Die ehrenamtliche Vormundschaft

Wie wird man Vormund? Rechte und Pflichten. Arbeitshilfen für Vormünder.

Inhalt:

  1. Grundlagen
  2. Wie kommt es zur Vormundschaft?
  3. Formen der Vormundschaft
  4. Wie werde ich ehrenamtlicher Vormund?
  5. Rechte und Pflichten von Vormunden
  6. Weitere Materialien und Arbeitshilfen für Vormunde.
  7. Wann endet die Vormundschaft? – und wie geht es dann weiter?

1. Grundlagen

Da unbegleitete minderjährige Geflüchtete in Deutschland rechtlich nur eingeschränkt geschäftsfähig sind, benötigen sie eine*n Vormund*in. Hierfür können  Amtsvormund*innen vom Jugendamt gestellt werden. Es ist aber auch möglich und besonders wünschenswert, dass Personen, die nicht an eine Behörde gebunden sind, die Vormundschaft übernehmen. 

Wer sich entschließt, eine Vormundschaft zu übernehmen, sollte wissen, was damit genau verbunden ist, denn man übernimmt eine große Verantwortung. Wir haben hier deshalb wichtige Informationen und Materialien bereitgestellt.

 

2. Wie kommt es zur Vormundschaft?

Reisen unbegleitete minderjährige Schutzsuchende nach Deutschland ein, werden sie zunächst vom nahegelegenen Jugendamt in Obhut genommen (sogenannte vorläufige Inobhutnahme) und untergebracht. Im Rahmen dessen wird auch ihr Alter festgestellt (sog. Altersfeststellung). In einem nächsten Schritt werden die unbegleiteten Minderjährigen im Rahmen eines bundesweiten Verfahrens auf die einzelnen Bundesländer verteilt (sogenannte Verteilung). Sie werden dem dort zuständigen Jugendamt zugewiesen, das sich nun um die Unterbringung sowie das weitere Vorgehen kümmert (sogenannte Inobhutnahme). Zum weiteren Vorgehen gehört neben der Klärung des Aufenthaltsstatus auch die Suche nach einem Vormund. Die Vormundschaft ordnet dann das Familiengericht an, nachdem es das Ruhen der elterlichen Sorge festgestellt und die Eignung des vorgeschlagenen Vormunds  überprüft. Der Vormund erhält dann eine sogenannte Bestallungsurkunde, mit der er*sie sich nach außen hin als gesetzliche Vertretung des Mündels ausweisen kann.
 

3. Formen der Vormundschaft

Zu beachten ist, dass Vormunde ihre Mündel nicht finanziell unterstützen müssen und diese in der Regel auch nicht bei ihnen zuhause wohnen.

Es gibt verschiedene Arten der Vormundschaft. Grundsätzlich kann unterschieden werden zwischen der Amtsvormundschaft, der Berufsvormundschaft, der Vereinsvormundschaft sowie der ehrenamtlichen Vormundschaft. 

Amtsvormundschaft: Bei einer Amtsvormundschaft überträgt das Familiengericht dem Jugendamt die Vormundschaft. Zuständig ist dann innerhalb des Jugendamts eine einzelne Fachkraft; Vormund selbst bleibt aber formal das Jugendamt.

Berufsvormundschaft: Die Vormundschaft kann aber auch auf Einzelpersonen übertragen werden, die dies entgeltlich als Beruf ausüben. Die Berufsvormunde müssen spezifisches Fachwissen vorweisen können.

Vereinsvormundschaft: Darüber hinaus kommt auch eine Vereinsvormundschaft in Betracht. Dies meint, dass sich ein Verein bereit erklärt, eine Vormundschaft zu übernehmen. Auch für unbegleitete Minderjährige gibt es einige Vereine in Deutschland, die auf diese Art und Weise Vormundschaften übernehmen.

Ehrenamtliche Vormundschaft: Schließlich können auch Ehrenamtliche eine Vormundschaft übernehmen. Per Gesetz müssen Gerichte dieser Vormundschaft immer den Vorrang geben. Das heißt, sobald ein geeigneter ehrenamtlicher Vormund zur Verfügung steht, hat das Familiengericht diese auszuwählen. In der Praxis wird jedoch meistens erst einmal eine Amtsvormundschaft durch das Jugendamt bestellt. Diese kann aber dann, wenn die Minderjährigen untergebracht sind und Ehrenamtliche kennen lernen können, nachträglich geändert werden.

Ehrenamtliche Vormunde erhalten keine Vergütung für die Übernahme der Vormundschaft. Sie können allerdings Aufwendungen ersetzt bekommen, die im Rahmen der Ausübung der Vormundschaft anfallen, wie zum Beispiel Fahrt- oder Dolmetscherkosten.

 

4. Wie werde ich ehrenamtlicher Vormund?

Die Vormundschaft wird vom Familiengericht angeordnet, das die Eignung von potentiellen Vormunden überprüft. In verschiedenen Städten übernehmen zivilgesellschaftliche Organisationen in Kooperation mit dem Jugendamt die Gewinnung, die Schulung und die Vermittlung ehrenamtlicher Vormunde für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge. Hierhin können sich Interessierte wenden.

In Berlin ist dies zum Beispiel das Netzwerk Vormundschaft sowie das Netzwerk Einzelvormundschaften "akinda", in Bremen ProCuraKids, in München H-Team, in Schlesig-Holstein lifeline sowie in Köln Auf Achse oder der Sozialdienst Katholischer Frauen. Sollten Sie in Ihrer Umgebung keinen Verein oder eine Organisation zur Vermittlung und Qualifizierung ehrenamtlicher Vormundschaften finden, melden Sie sich am besten beim Jugendamt in Ihrer Nähe und fragen Sie dort nach Informationen. 

 

5. Rechte und Pflichten von Vormunden

Wer eine Vormundschaft übernimmt, der hat die sogenannte Personensorge und vertritt den oder die Minderjährige gesetzlich. Das bedeutet im Falle von unbegleiteten minderjährigen Schutzsuchenden, dass Vormunde auch für die Sicherung des Aufenthaltsstatus, insbesondere die Vertretung im asyl- und aufenthaltsrechtlichen Verfahren oder die Unterstützung bei der Familienzusammenführung verantwortlich sind. Es fällt auch in ihren Aufgabenbereich, das Mündel beim Erlernen der deutschen Sprache und der schulischen und beruflichen Bildung zu unterstützen. Daneben haben sie sich um die Unterbringung, die medizinische Versorgung sowie die Vermögenssorge zu kümmern, also etwa ein Konto zu eröffnen oder Sozialleistungen zu beantragen, wenn der/die Jugendliche nicht in einer betreuten Einrichtung (z.B. Jugendwohngemeinschaft) lebt. Der Vormund vertritt außerdem den Kindeswillen gegenüber dem Jugendamt, ggf. in Absprache mit Sozialpädagog*innen im betreuten Wohnen. Vom Jugendamt wird regelmäßig ein Hilfeplan erstellt, in dem die Inanspruchnahme von Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe festgelegt wird. Daran wirken Vormunde i.d.R. mit. 

Vormunde haben also weitreichende und anspruchsvolle Aufgaben. Bei jeder Entscheidung muss immer das Kindeswohl im Mittelpunkt stehen sowie die Partizipation des Mündels an Entscheidungen sichergestellt werden. Denn dessen Wohl steht an erster Stelle. Die Vormunde müssen regelmäßigen persönlichen Kontakt zu ihren Mündeln halten und i.d.R. einmal monatlich treffen. Zu den Tätigkeiten gehört je nach Konstellation die Kooperation mit dem Jugendamt, Jugendhilfeeinrichtungen, Schulen, Ärzt*innen oder Therapeut*innen, der Ausländerbehörde bzw. dem BAMF, Rechtsanwält*innen, dem Familiengericht und ggf. Beratungsstellen.

Das Deutsche Institut für Jugendhilfe und Familienrecht e. V. (DIJuF) in dem alle deutschen Jugendämter zusammengeschlossen sind, hat für Vormünd*innen von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen zahlreiche Materialien zum Jugendhilferecht, zu Asylverfahren und zum Aufenthaltsrecht zusammengestellt

Eine neue Broschüre gibt umfangreiche Informationen zu allen rechtlichen Belangen und allen Phasen der Begleitung in die Volljährigkeit: 

→ Handout: Rechtswissen für ehrenamtliche Vormund:innen unter besonderer Berücksichtigung von Vormundschaften für unbegleitete minderjährige Ausländer:innen 2025

Einen guten Überblick über die einzelnen Themen der Vormundschaft für geflüchtete Minderjährige verschafft die digitale Broschüre des Bundesfachverband Minderjährigkeit und Flucht e.V. (BuMF) mit vielen Hinweisen für die Praxis:

→ BumF-Basisinformationen – Alles auf einen Blick

 

6. Weitere Materialien und Arbeitshilfen für Vormunde

Zwar übernehmen Vormund*innen nicht alle Aufgaben alleine, sondern sie können und sollten für bestimmte Themen die Hilfe des Jugendamts, Beratungsstellen oder Rechtsanwält*innen in Anspruch nehmen. Für den Einstieg oder die Unterstützung gibt es hilfreiche Materialien. Grundlegende Informationen für ehrenamtliche Vormund*innen zum Asylverfahren finden sich in einer Handreichung des UNHCR und des Informationsverbunds Asyl & Migration:

Informationsverbund Asyl und Migration/UNHCR, Die Vormundschaft für unbegleitete Minderjährige. Handreichung für die Unterstützung unbegleiteter Minderjähriger im Asylverfahren und darüber hinaus, Juli 2019

Darüber hinaus haben der Bundesfachverband unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (BumF) und der Flüchtlingsrat Thüringen mehrere Arbeitshilfen für verschiedene Aspekte rund um das Asylverfahren herausgegeben, die sich Vormund*innen und Begleitpersonen richten. Eine Übersicht der Materialien findet sich hier:

Arbeitshilfen für die Begleitung unbegleiteter Minderjähriger im Asyl- und Klageverfahren

Vielfältige Informationen rund um das Thema Vormundschaft bietet auch der Bundesfachverband unbegleitete minderjährige Flüchtlinge auf seiner Website:

BumF, Vormundschaft

 

 

7. Wann endet die Vormundschaft? – und wie geht es dann weiter?

Die Vormundschaft endet seit der Reform des Vormundschaftsrechts, die Anfang 2023 in Kraft getreten ist, stets mit der Vollendung des 18. Lebensjahres. Zuvor konnte sich die Vormundschaft in jenen Konstellationen über den 18. Geburtstag hinaus erstrecken, in denen nach dem Recht des Heimatlandes der betroffenen Person die Minderjährigkeit erst mit 21 Jahren endet. Nunmehr richten sich alle Regelungen der Vormundschaft allein danach, wo der junge Mensch seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat - im Falle eines gewöhnlichen Aufenthalts in Deutschland also nach deutschem Recht (vgl. Artikel 24 EGBGB).

Gerade der Eintritt Volljährigkeit und damit das nahende Ende der Kinder- und Jugendhilfe nach dem Sozialgesetzbuch (SGB VIII) kann für die Betroffenen ein einschneidendes Erlebnis darstellen, da mit diesem Zeitpunkt viele Unterstützungsleistungen wegfallen und ein großer bürokratischer Aufwand entstehen kann. Zu beachten ist, dass auch junge Volljährige in der Regel bis zum 21. Lebensjahr noch die Leistungen der Kinder-und Jugendhilfe in Anspruch nehmen können und im Einzelfall auch noch darüber hinaus. 

Informationen und Materialien zum Übergang in die Volljährigkeit gibt es hier: 

18 und dann? Zur Unterstützung junger Geflüchteter mit Beginn der Volljährigkeit
 

Hinweis: Dieser Beitrag ist nicht abschließend und soll lediglich einen ersten Überblick zum Thema bieten. Falls sich im Rahmen der Betreuung eine Mündels konkrete Fragen oder Probleme stellen, sollte Kontakt zum Jugendamt, einer Beratungsstelle oder einer Rechtsanwält*in aufgenommen werden.