"Selbstständige Ausreise"

Das Thema "Selbstständige Ausreise" oder "freiwillige Rückkehr" ist nicht unumstritten. Schließlich ist die "freiwillige Rückkehr" für manche Menschen die einzige Option, einer Abschiebung zu entgehen - und mit der "Freiwilligkeit" ist es in solchen Fällen dann nicht weit her. Dennoch ist es wichtig, dass Ehrenamtliche über diese Option und über die sogenannte Rückkehrberatung Bescheid wissen - aus mehreren Gründen.

Eine selbstständige Ausreise kann gegenüber einer Abschiebung mehrere Vorteile bieten: Unter Umständen lässt sich so eine Wiedereinreisesperre vermeiden. Die Betroffenen können zu einem selbstgewählten Zeitpunkt ausreisen. Es gibt Unterstützungsprogramme, die Ausreisepflichtigen bei der Ausreise helfen, die Reisekosten übernehmen und Starthilfen gewähren. In manchen Herkunftsländern gibt es auch Unterstützungsprogramme zur Reintegration. 

Wenn eine Abschiebung droht, kann daher eine selbstständige Ausreise für manche Betroffene eine Handlungsoption sein. In manchen Fällen entscheiden sich auch Menschen, denen keine Abschiebung droht, für eine Rückkehr ins Herkunftsland. Eine so genannte Rückkehrberatung kann dann dabei helfen, abzuklären, welche politische und ökonomische Situation die Rückkehrenden erwartet, welche sozialen Netzwerke sie zur Reintegration nutzen können, welche Möglichkeiten sie zur Sicherung ihres Lebensunterhalts haben, auf welche Gesundheitsversorgung sie im Herkunftsland zurückgreifen können und welche Unterstützungsleistungen in Anspruch genommen werden können.

Wichtige grundsätzliche Fragen beantwortet Handbook Germany. Die Seite ist in mehreren Sprachen verfügbar.

Handbook Germany, Freiwillige Rückkehr
 

Ethische und politische Aspekte der Rückkehrberatung

Das Konzept der "freiwilligen Rückkehr" und entsprechend auch die Rückkerberatung ist im Kontext einer Politik zu sehen, die darauf abzielt, die Zahl der Schutzsuchenden möglichst effektiv zu reduzieren. So beschlossen Bund und Länder schon 2015 ein so genanntes "Integriertes Rückkehrmanagement", das Geflüchtete teils schon im laufenden Asylverfahren zu einer freiwilligen Ausreise motivieren soll. Flüchtlings- und Menschenrechtsorganisationen sowie auch ein Teil der Wohlfahrtsverbände kritisieren, dass dies das individuelle Recht auf Asyl aushöhle. Auch Träger von Rückkehrberatungsstellen äußern sich hierzu kritisch, so etwa der Fachverband Migration und Flucht im Diakonischen Werk Rheinland-Westfalen-Lippe:

→ Fachverband Migration und Flucht im Diakonischen Werk RWL, Rückkehrmanagement gefährdet Flüchtlingsschutz - Diskussionspapier zum wachsenden Ausreise- und Rückkehrdruck, Februar 2018

Aufgrund dieser Problematik haben mehrere Wohlfahrtsverbände Standards für die Rückkehrberatung formuliert, die sicherstellen sollen, dass die Beratung den Klient*innen dient und nicht in erster Linie dem politischen Interesse, die Zahl der Schutzsuchenden zu reduzieren. Neben einer Stellungnahme der BAGFW von 2006 liegt etwa eine Publikation der Caritas vor, die Standards für die Rückkehrberatung nennt. Die Standards gelten vor allem für hauptamtliche BeraterInnen, können aber auch wichtige Hinweise für Ehrenamtliche sein, wenn diese Geflüchtete unterstützen, denen eine freiwillige Ausreise nahegelegt wird.

BAGFW, Positionspapier zu Bedingungen von freiwilliger Rückkehr von Flüchtlingen, September 2006

Caritas, Fluchtpunkte 03 - Leitlinien für die Rückkehrberatung von Flüchtlingen und Geduldeten, August 2017

Ein zentraler Standard für die Rückkehrberatung ist, dass sie Personen bei einem ergebnisoffenen Entscheidungsprozess unterstützen sollte. Das BAGFW-Positionspapier sieht daher vor, dass die Rückkehrberatung auch zu einer Klärung der aufenthaltsrechtlichen Perspektiven - also auch zu möglichen Bleiberechtsperspektiven - berät. Rückkehrberatung sollte alos nicht dazu dienen, Menschen zur "freiwilligen Rückkehr" zu bewegen (und auch nicht, sie ihnen auszureden), sondern helfen, eine Entscheidungsgrundlage zu erarbeiten. Neben der Ergebnisoffenheit der Beratung nennt die Caritas als Standard die freiwillige Inanspruchnahme der Beratungsleistung, die Unabhängigkeit und die Parteilichkeit für die Klient*innen.
 

Beratungsstellen und Informationen zum Thema Rückkehr

In der Adressdatenbank adressen.asyl.net kann man in der Suche als Beratungsthema "Rückkehr und Weiterwanderung" angeben und damit Beratungsstellen suchen, die Rückkehrerberatung anbieten. Ist in der gewünschten Region keine solche Beratungsstelle dabei, sollte bei einer anderen nicht-spezialisierten Beratungsstelle aus der Datenbank nachgefragt werden, welche Beratungsstellen in der gewünschten Region Rückkehrerberatung anbieten.

Adressdatenbank adressen.asyl.net

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF), das Bundesinnenministerium (BMI) und die Internationale Organisation für Migration (IOM) haben unter dem Titel "Returning from Germany" eine Website veröffentlicht, die Informationen zur "freiwilligen Rückkehr" und zur Reintegration bündeln soll und sich als Ergänzung zu Rückkehrberatungsstellen versteht. Das "Onlineportal zur freiwilligen Rückkehr" soll bei der Suche nach geeigneten Beratungsstellen, nach Rückkehrprogrammen und nach Reintegrationsprogrammen im Herkunftsland helfen. Die Website ist auf Albanisch, Arabisch, Deutsch, Englisch, Farsi, Französisch, Kurdisch, Paschtu, Russisch und Serbisch verfügbar. Für die Aktualität und Richtigkeit dieser Informationen kann nicht garantiert werden. Es ist ratsam, vor der Ausreise Kontakt mit Hilfsorganisationen vor Ort aufzunehmen, um die Angaben auf dieser Website gegenzuprüfen und herauszufinden, inwiefern Unterstützungsangebote für Rückkehrende existieren. Solche Kontakte sind in den Länderinformationen auf der Website enthalten.

BAMF/IOM, Website www.returningfromgermany.de