Sprachmittlung

Dass im Bereich Asyl und Migration die Sprachmittlung eine sehr wichtige Rolle spielt, liegt auf der Hand. Gerade angesichts der in den letzten Jahren gestiegenen Zahl von Geflüchteten in Deutschland ist es nicht möglich, immer professionelle Dolmetscher*innen zu haben, wenn bei einem Beratungsgespräch, einem Behördentermin oder einer medizinischen Behandlung gedolmetscht werden muss. Deswegen kommen vielfach sprachkundige Personen ohne professionelle Ausbildung als Dolmetscher*in zu Einsatz.

Der Einsatz von Dolmetscher*innen verändert die Situation in einem Gespräch, das ansonsten zwischen zwei Menschen direkt geführt wird. Hinzu kommt, dass in vielen Bereichen – etwa im Asyl- und Aufenthaltsrecht, aber auch im medizinischen Bereich, komplexe Themen zur Sprache kommen und teilweise Fachbegriffe verwendet werden, die nicht allen Menschen geläufig sind. Das Dolmetschen von Gesprächen über belastende und sensible Themen kann auch für Dolmetscher*innen belastend sein. Es ist also aus vielen Gründen wichtig, dass auch Laiendolmetscher*innen gut aus- und fortgebildet werden und dass Standards, Verhaltensregeln und ein Rollenverständnis vereinbart werden. Hierzu gibt es einige Informationen und Angebote, auf die wir zunächst hinweisen wollen, bevor wir im zweiten Teil des Beitrags auf konkrete Angebote einzelner Sprachmittlungsanbieter hinweisen.

 

Materialien und Informationen für Dolmetschende

Die Berliner Initiative für gutes Dolmetschen setzt sich insbesondere in den Bereichen Asyl und Migration für den Aufbau von Kompetenzen von Dolmetscher*innen ohne einschlägige Ausbildung ein. Dazu hat sie viele nützliche Materialien veröffentlicht, beispielsweise Glossare von Fachbegriffen, Leitfäden mit thematischem Hintergrundwissen und Lesempfehlungen zur weiteren Lektüre. Die Initiative bietet auch Fortbildungen für Dolmetscher*innen an.

Der Paritätische Gesamtverband hat eine Broschüre erstellt, die sich vor allem an Fachkräfte in der Migrationssozialarbeit richtet. Die Broschüre möchte für die Veränderung der Beratungssettings durch den Einsatz einer dolmetschenden Person sensibilisieren, um einen bewussten und sichereren Umgang mit Sprachmittlung in der Beratungspraxis zu unterstützen.

→  Berliner Initiative für gutes Dolmetschen

→  Broschüre „Sprachmittlung in der Migrations- und Flüchtlingsberatung“

 

Sprachmittlung für lesbische, schwule, bisexuelle, trans* und inter* Geflüchtete - Eine Handreichung

Die Broschüre der Schwulenberatung Berlin möchte eine Hilfestellung zur Verbesserung der Sprachmittlung für lesbische, schwule, bisexuelle, trans* und inter* Geflüchtete ermöglichen - ob in einer Unterkunft für Geflüchtete, einer Beratungsstelle, dem Bundesamt für Migration und Flucht, dem Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten, bei Ärzt*innen oder andernorts. So stellt die Handreichung zunächst die unterschiedlichen Begriffe und Fluchtgründe dar und geht auf die rechtliche Situation von lesbischen, schwulen und bisexuellen sowie trans* und inter* Menschen in Deutschland ein. In einem nächsten Schritt geht es konkret darum, wie Sprachmittelnde LGBTTIQ*-Geflüchtete unterstützen können. Darüber hinaus hilft ein Glossar mit Begriffen für die Sprachmittlung für LSBTI-Geflüchtete in Deutsch, Englisch, Arabisch, Französisch, Farsi/Persisch und Türkisch. Im Anhang findet sich zudem eine Übersicht von Beratungsstellen in Berlin.

→  Handreichung zur Sprachmittlung für lesbische, schwule, bisexuelle, trans* und inter* Geflüchtete

 

Leitfaden: Sprachmittlung im Bereich sexuelle und reproduktive Gesundheit und Rechte

Ein Arbeitshilfe des Paritätischen Gesamtverbands gibt Handlungsempfehlungen für die Praxis der Sprachmittlung im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und Rechte. Als Leitfaden richtet sie sich direkt an Sprachmittler*innen, die in diesem Themenbereich mit geflüchteten Menschen arbeiten (möchten). Sie dient aber auch als Orientierung für alle Interessierten in Beratungsstellen und einschlägigen Institutionen, die bereits Sprach- und Kulturmittler*innen einsetzen oder sie gerne in Zukunft einsetzen möchten.

→ Sprachmittlung für geflüchtete Menschen im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und Rechte: Praxisempfehlungen für Sprachmittler*innen


Reflexionsimpuls: Positionspapier des Bundesverbands der Dolmetscher und Übersetzer

Was sagen Profis dazu, wenn Ehrenamtliche dolmetschen? Gerade in den letzten Jahren, als die Anzahl der nach Deutschland flüchtenden Menschen gestiegen ist, wurden (und werden immer noch) deutschlandweit mehr Dolmetscher*innen z.B. für die Betreuung Asylsuchender benötigt. Dolmetscherpools bei Städten und Gemeinden können hier Abhilfe schaffen. Der Bundesverband der Dolmetscher und Übersetzer (BDÜ) begrüßt grundsätzlich die Bildung solcher Dolmetscherpools, sieht jedoch in der praktischen Umsetzung einige Probleme, auf die in diesem Positionspapier hingewiesen wird.

 

Lokale und regionale Angebote

Manche Städte und Gemeinden haben "Dolmetscherpools" angelegt, bei denen man ehrenamtliche Profis oder Laien mit verschiedenen Sprachkenntnissen anfragen kann. Außerdem bieten viele Universitäten kostenlos Übersetzungs- und Dolmetsch-Dienste an. Und es gibt virtuelle Gratis-Angebote, die auch über größere Entfernungen per Telefon oder Skype in Anspruch genommen werden können. Hier finden Sie einige Beispiele, die Anregung für Ihre Recherche vor Ort geben sollen.

Über die folgenden Beispiele liegen uns keine oder wenige Erfahrungsberichte vor. Dass sie hier erwähnt werden, ist nicht als Empfehlung, sondern als Anregung zum Ausprobieren und Weiterrecherchieren gedacht. Wir freuen uns über Feedback zu den einzelnen Angeboten und über Ergänzungen.

 

Netzwerk Sprach- und Integrationsmittlung (SprInt)

Das bundesweite Netzwerk Sprach- und Integrationsmittlung besteht aus über 30 Partnerorganisationen in elf Bundesländern. Ziel des Netzwerks ist es, die Dienstleistung der Sprach- und Integrationsmittler*innen (kurz: SprInt) überall in professioneller Form verfügbar zu machen, um Migrant*innen einen gleichberechtigten Zugang zu Gesundheits-, Sozialversorgung und Bildung zu ermöglichen. Dafür bilden die Partner in einer Vollzeitqualifizierung professionelle Sprach- und Integrationsmittler*innen aus und bauen Vermittlungsservices auf, die diese Dienstleistung den Einrichtungen in der Region zugänglich machen. Auf der Website des bundesweiten Netzwerks finden Sie Links zu den jeweiligen lokalen Trägern, wo sie die Sprach- und Integrationsmittler*innen (kostenpflichtig) buchen können. Der Einsatz kann entweder persönlich oder per Telefon / Video erfolgen.

→  SprInt-Servicestelle

 

Osnabrück: „SPuK – Sprach- und Kommunikationsmittlung“

Das vom Caritasverband für die Diözese Osnabrück konzipierte Projekt „SPuK – Sprach- und Kommunikationsmittlung“ bietet ein praxiserprobtes Dienstleistungsangebot, das in Osnabrück, Cuxhaven, Helmstedt und Kassel umgesetzt wird: Qualifizierte Sprachmittler*innen werden durch die SPuK-Vermittlungsstellen an regionale Einrichtungen aus den Bereichen Gesundheit, Soziales und Bildung vermittelt. Daneben bietet das Projekt auch Fortbildungen an.

→  www.spuk.info

 

Gemeindedolmetschdienst Brandenburg

Das landesweit wirkende Projekt hilft Ehren- und Hauptamtlichen, Geflüchteten und Zugewanderten bei der gegenseitigen Verständigung. Das Angebot besteht zum einen in der Vermittlung von Sprach- und Kulturmittelnden aus einem Pool von über 80 Personen, die mehr als 15 Sprachen und Dialekte anbieten. Zum anderen werden Fortbildungen an unterschiedlichen Standorten im Land Brandenburg angeboten, die sich der Aneignung und Verbesserung von Dolmetsch- und Kommunikationskompetenzen widmen und sich ausschließlich an Geflüchtete und Zugewanderte richten. Die Dienste sind nicht kostenlos. Pro Stunde werden 20,00 € berechnet. Zusätzlich erhalten die Gemeindedolmetschenden eine Fahrtkostenpauschale sowie gegebenenfalls eine Fahrzeitentschädigungspauschale, die sich nach dem Wohnort sowie der Distanz zum Einsatzort bemessen.

→  Gemeindedolmetschdienst Brandenburg


Stadt Ludwigsburg

Angeboten wird Dolmetschen in 32 Sprachen für Soziale Einrichtungen, Schulen und Kindergärten, Städtische Ämter, verschiedene Beratungsstellen, die Agentur für Arbeit, den Jobcenter sowie das Landratsamt Ludwigsburg. Die Dienste sind nicht kostenlos. Pro Stunde werden zwölf Euro berechnet. Privatpersonen können die Dienste nicht in Anspruch nehmen. Institutionen und Vereine müssen sich im Büro für Integration und Migration bewerben. Flüchtlinge und sie Begleitende können die Institutionen auf diesen Service hinweisen und so ihr Recht auf qualifiziertes Dolmetschen wahrnehmen.

→  Ehrenamtlicher Dolmetscherdienst der Stadt Ludwigsburg

 

Mainz: Dolmetscherpool DOOR

Das Projekt DOOR – Dolmetschen im sozialen Raum der Arbeit und Leben gGmbH vermittelt qualifizierte ehrenamtliche Dolmetscher:innen. Es wird gefördert vom rheinland-pfälzischen Ministerium für Familie, Frauen, Kultur und Integration. Einsatzgebiete sind die Städte Mainz und Trier mit Umgebung sowie die Landkreise Alzey-Worms, Bernkastel-Wittlich, Bitburg-Prüm, Germersheim, Trier-Saarburg und Vulkaneifel. Es können aber Anfragen für Einsätze in anderen Teilen von Rheinland-Pfalz gestellt werden. Es können Präsenzeinsätze vermittelt werden sowie Telefon- und Videoeinsätze.

→  Dolmetscherpool DOOR


Dolmetscherpool IB Karlsruhe

Der Dolmetscherpool  Karlsruhe wird durch das Büro für Integration der Stadt Karlsruhe finanziert. Durch den Einsatz ehrenamtlich tätiger Dolmetscher wird Bürgern mit Migrationshintergrund ein für sie kostenloser Service geboten, um Sprachbarrieren bei der Kommunikation z. B. mit Bildungseinrichtungen zu überwinden. Ziel des Projektes ist es, die Bildungs- und Chancengleichheit von Menschen mit Migrationshintergrund zu fördern.

→  Dolmetscherpool Karlsruhe 

 

Sachsen-Anhalt: SiSA - Sprachmittlung

Das Projekt SiSA will Migrant*innen in Sachsen-Anhalt helfen, sich zu verständigen. Der kostenlose, von Ehrenamtlichen gebotene Service bietet telefonische Sprachmittlung und Sprachmittler*innen für Veranstaltungen und Begleitungen an - etwa bei Arztbesuchen, Behördenängen oder bei der Wohnungssuche. Das Angebot richtet sich an Migrant*innen in Sachsen-Anhalt, die die deutsche Sprache noch nicht beherrschen.

→  Projekt SiSA