In verschiedenen Bereichen des Asyl- und Aufenthaltsrechts spielen Krankheiten, mit denen ein vorübergehender oder auch längerfristiger Aufenthalt in Deutschland begründet wird, eine wichtige Rolle. So ist im Asylverfahren unter anderem auch zu prüfen, ob eine Rückkehr ins Herkunftsland bei erkrankten Personen zu einer deutlichen Verschlechterung des Gesundheitszustands führen würde. Im aufenthaltsrechtlichen Bereich sind Beraterinnen und Berater sowie Behörden häufig mit der Frage konfrontiert, ob Krankheiten Ausreise- oder Abschiebungshindernisse darstellen.
Die Anforderungen an Atteste
Die Anforderungen daran, wie Erkrankungen gegenüber den zuständigen Behörden nachzuweisen sind, haben sich in den letzten Jahren durch die Rechtsprechung und den Gesetzgeber immer wieder geändert. Vor diesem Hintergrund erläutert die von Oda Jentsch verfasste ausführliche Broschüre die rechtlichen Dreh- und Angelpunkte, an denen es entscheidend auf das Erkennen, die Darlegung und den Nachweis einer Erkrankung als Abschiebungshindernis ankommt. Die Broschüre richtet sich in erster Linie an hauptamtlich in der Beratungspraxis Tätige. Sie ist aber auch für ehrenamtlich Engagierte eine Orientierungshilfe. Herausgegeber sind das Deutsche Rote Kreuz und der Informationsverbund Asyl und Migration e.V.
Mehrere Gesetzesverschärfungen der letzten Jahre haben die Attestierung von krankheitsbedingten Abschiebehindernissen massiv erschwert und hohe Hürden für Betroffene und Mediziner:innen errichtet. Wer sich eingehender damit und mit der Rechtsprechung dazu (bis November 2020) befassen will, kann sich mithilfe dieses Fachbeitrags einlesen:
Um in einem asyl- oder aufenthaltsrechtlichen Kontext Berücksichtigung zu finden, müssen ärztliche Atteste hohe Anforderungen erfüllen und Angaben enthalten, die ansonsten normalerweise nicht in Attesten enthalten sind. Deshalb ist es wichtig, dass die ausstellenden Ärzt*innen informiert sind, welche Angaben ihre Atteste enthalten sein müssen, damit ihre fachliche Beurteilung überhaupt seitens der Behörden beachtet wird. Dazu hat der Arbeitskreis Flüchtlinge und Asyl der IPPNW (Internationale Ärzt*innen für die Verhütung des Atomkrieges / Ärzt*innen in sozialer Verantwortung e.V.) eine Checkliste erstellt, die Ärzt*innen eine Hilfestellung bieten und die wichtigsten Fehler vermeiden helfen.
Wichtig ist zu verstehen, wie das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) über psychologisch-psychotherapeutische und ärztliche Stellungnahmen im Asylverfahren entscheidet. Das wird in einer Publikation der Bundesweite Arbeitsgemeinschaft der Psychosozialen Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer – BAfF e. V. erklärt und kritisch betrachtet:
→ Psychische Erkrankungen und krankheitsbedingte Abschiebungsverbote (September 2021)
Die Bundesweite AG Psychosozialer Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer BAfF e.V. hat außerdem im April 2021 ein Positionspapier zum Thema herausgegeben:
→ Lebensgefahr durch Abschiebungen: Schwerkranke Geflüchtete müssen besser geschützt werden
Das Deutsche Institut für Menschenrechte hat zur Frage von Abschiebungen und Krankheiten eine Studie veröffentlicht. Diese Analyse richtet sich an den Gesetzgeber und an alle anderen, die über Abschiebungen entscheiden, so etwa auch an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, die Ausländerbehörden und die Bundespolizei. Hier finden also Rechtsanwält*innen und Vertreter:innen der Härtefallkommissionen wichtige Informationen.
→ Abschiebung trotz Krankheit - Perspektiven aus der Praxis und menschenrechtliche Verpflichtungen (Mai 2021)
Stefan Keßler hat 2023 im Asylmagazin ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs zu der Frage, unter welchen Bedingungen Schmerzen eine Abschiebung verhindern, analysiert: