Auslandsreisen und Reisen in Deutschland

Unter welchen Umständen können sich Geflüchtete in Deutschland frei bewegen? Unter welchen Umständen können sie reisen? Ein Überblick zum Thema Residenzpflicht und Auslandsreisen.

Geflüchtete unterliegen unter bestimmten Umständen Regelungen, die es ihnen verbieten, ein bestimmtes Gebiet zu verlassen („Residenzpflicht“) oder ins Ausland zu reisen. Diesen Regelungen widmet sich der folgende Beitrag. Dem mit dem Thema „Residenzpflicht“ oft verwechselten Thema Wohnsitzauflage, haben wir uns hier gewidmet:

→  Wissen kompakt: Wohnsitzauflage für Personen mit humanitären Aufenthaltstiteln

→  Wissen kompakt: Wohnsitzauflage für Personen mit Aufenthaltsgestattung oder Duldung

Zur Unterscheidung der beiden Begriffe sollen diese hier aber vorab kurz erläutert werden:

  • Die Pflicht zur Wohnsitznahme (Wohnsitzauflage/Wohnsitzregelungen) besteht darin, dass die Behörden einer Person einen bestimnten Wohnort zuweisen. Damit ist aber keine Einschränkung der Bewegungsfreiheit verbunden – die betroffene Person darf den ihr zugewiesenen Ort auch ohne Genehmigung vorübergehend verlassen, um Reisen innerhalb Deutschlands zu unternehmen.
  • Anders ist es, wenn die betroffene Person der „Residenzpflicht“ unterliegt. Diese bedeutet ausdrücklich eine Beschränkung der Bewegungsfreiheit, da die betroffene Person das zugewiesene Gebiet nicht ohne Weiteres verlassen darf.

Für welche Personen die Residenzpflicht gilt, hängt von deren Aufenthaltsstatus ab, von der Aufenthaltsdauer und eventuell auch von individuellen Faktoren. Wir geben einen groben Überblick und verlinken auf weiterführende Detailinformationen.

Wichtig zu wissen: Wiederholte Verletzungen der Residenzpflicht werden als Straftat geahndet und können drastische Konsequenzen nach sich ziehen, etwa eine Gefängnisstrafe. Deshalb sollten Betroffene die Regelungen genau kennen. Vorab wissenswert ist auch, dass die folgenden Einschränkungen unter Umständen Ausnahmen zulassen – mehr dazu findet sich unten.


Residenzpflicht für Menschen im Asylverfahren/mit Aufenthaltsgestattung

Schutzsuchende im Asylverfahren bzw. mit "Aufenthaltsgestattung" oder „Ankunftsnachweis“ unterliegen in den ersten Monaten ihres Aufenthalts der Residenzpflicht (im Gesetzestext „räumliche Beschränkung“ genannt). Residenzpflicht bedeutet, dass die Betroffenen das ihnen zugewiesene Gebiet ohne Erlaubnis der Ausländerbehörde nicht verlassen dürfen. Wie groß dieses Gebiet ist, ist von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich geregelt. Häufig handelt es sich um die Stadt oder den Landkreis, in dem die Einrichtung liegt. In jedem Fall findet sich auf der Aufenthaltsgestattung ein Hinweis auf den Bereich, in dem sich die Betroffenen aufhalten dürfen.

Die Residenzpflicht richtet sich hinsichtlich ihrer Dauer in der Regel nach der Pflicht, in einer Erstaufnahmeeinrichtung zu wohnen. Diese besteht bei erwachsenen Asylsuchenden ohne Kinder für bis zu 18 Monate, bei Minderjährigen und ihren Eltern für höchstens 6 Monate. Personen aus sicheren Herkunftsländern sind auch über 18 Monate hinaus verpflichtet, bis zur Entscheidung des BAMF bzw. bis zur Ausreise in der Aufnahmeeinrichtungen zu wohnen (Ausnahme auch hier: Minderjährige Kinder und ihre Eltern). Dasselbe gilt für Personen, die gewissen Mitwirkungspflichten verschuldet nicht nachkommen.

Daneben können die Bundesländer auch beschließen, die Pflicht zur Unterbringung in einer Erstaufnahmeeinrichtung oder vergleichbaren Einrichtung auf bis zu 24 Monate zu verlängern.

Ein Überblick zu den Fristen für die Unterbringung in Erstaufnahmeeinrichtungen ist zu finden in den Basisinformationen Nr. 3. Eine ausführlichere Darstellung der entsprechenden Regelungen sowie wissenswerte Details zu den Ausnahmen finden sich darüber hinaus etwa im Leitfaden des Flüchtlingsrats Niedersachsens. Bis auf den ersten Absatz, der die einzelnen Aufnahmeeinrichtungen in Niedersachsen benennt, sind die dort dargestellten Regelungen bundesweit gültig.

→  Niedersachsen-Leitfaden, Kapitel 4, Flüchtlinge mit Aufenthaltsgestattung / 4.2 Wohnen, Umziehen und Residenzpflicht


Residenzpflicht für Menschen mit Duldung

Menschen mit Duldung unterliegen generell der Residenzpflicht, die aber nach drei Monaten ununterbrochenem geduldeten oder gestatteten Aufenthalts erlischt. Darüber hinaus können die Ausländerbehörden aber geduldeten Personen auf individueller Ebene räumliche Beschränkungen auferlegen, die auf der Duldung vermerkt werden. Dies gilt bei Personen, die in Kürze abgeschoben werden sollen, denen bestimmte Straftaten vorgeworfen werden oder die aus Sicht der Ausländerbehörde Mitwirkungspflichten verletzt haben, etwa weil sie Aufforderungen zur Passbeschaffung nicht nachgekommen sind.

Detailinformationen zum Thema finden sich im Leitfaden für Flüchtlinge des niedersächsischen Flüchtlingsrat. Bis auf den ersten Absatz, der die einzelnen Aufnahmeeinrichtungen in Niedersachsen benennt, sind die Informationen bundesweit relevant.

→  Niedersachsen-Leitfaden, Kapitel 12, Flüchtlinge mit „Duldung“ / 12.2 Wohnen, Umziehen und Residenzpflicht


Wichtig zu wissen: Ausnahmen sind möglich!

Sollten Betroffene gute Gründe haben, sich außerhalb des Bereichs oder der Region zu begeben, die sie eigentlich aufgrund der Residenzpflicht oder aufgrund räumlicher Beschränkungen nicht verlassen dürfen, kann bei der Ausländerbehörde eine entsprechende Genehmigung beantragt werden. Gründe können etwa familiäre Anlässe sein (Krankenbesuch, Hochzeit, Sterbefall), Behördentermine oder Termine bei Beratungsstellen, Arztbesuche, aber auch Arbeitsgelegenheiten oder ähnliche dringende Gründe, warum Menschen den ihnen zugewiesenen Bereich verlassen möchten. Detaillierte Informationen zu Ausnahmegründen finden sich in den oben verlinkten Beiträgen im Leitfaden für Flüchtlinge des Flüchtlingsrats Niedersachsen.

Sollte die Ausländerbehörde die Genehmigung nicht erteilen, sollte nötigenfalls eine professionelle unabhängige Beratung aufgesucht werden. Diese kann mit einer Einschätzung helfen, ob die Entscheidung der Ausländerbehörde rechtmäßig ist oder ob diese unter Umständen angefochten werden kann. Adressen von Beratungsstellen finden sich in der Adressdatenbank adressen.asyl.net.


Wer genießt Bewegungsfreiheit innerhalb Deutschlands?

Geflüchtete, die eine Aufenthaltserlaubnis haben, dürfen sich in Deutschland frei bewegen. Sie dürfen aber nicht unbedingt überall eine Wohnung nehmen. Informationen zur Wohnsitzauflage, die auch anerkannte Flüchtlinge betrifft, finden sich hier.


Unter welchen Umständen sind Auslandsreisen möglich?

Die Berliner Organisation "Berlin Hilft" hat die wichtigsten Regelungen zum Thema Auslandsreisen in einem hilfreichen Überblick zusammengestellt:

→  Berlin hilft: Erlaubnis von Reisen je nach Aufenthaltstitel oder -papier

Wichtig: Die hierin unter 1.6 dargestellten Besonderheiten für Schülerreisen bei Aufenthaltsgestattung bzw. Duldung sind berlinspezifisch. Es gibt in anderen Bundesländern aber zum Teil vergleichbare Regelungen, und die Regelung, wonach Schüler*innen, die auf einer sog. „Schülerssammelliste“ stehen, von der Erfordernis der Besitz eines Aufenthaltstitels befreit sind, ergibt sich aus der (bundesweit gültigen) Aufenthaltsverordnung. Bitte fragen Sie vor einer Schulreise rechtzeitig bei den Behörden oder einer unabhängigen Beratungsstelle.

Ergänzend zum Thema Auslandsreisen ist darauf hinzuweisen, dass schutzberechtigten Personen, die in ihr Herkunftsland reisen, ihr Schutzstatus entzogen werden kann. Asylsuchende, die während des Asylverfahrens in ihr Herkunftsland reisen, riskieren die Ablehnung ihres Asylantrags. Nähere Informationen dazu erhalten sie bei einer unabhängigen Beratungsstelle.

Menschen, die Sozialleistungen erhalten, sind unter Umständen dazu verpflichtet, sich vor einer Reise von Jobcenter oder Arbeitsagentur „Urlaub“ genehmigen zu lassen, weil sie theoretisch dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen müssen. Es kommt vor, dass Jobcenter-Mitarbeiter*innen die Stempel in Reisepässen von Geflüchteten kontrollieren, um zu prüfen, ob entsprechende Urlaubsgenehmigungen vorlagen. Bei ungenehmigten Abwesenheiten drohen Sanktionen.