Kirchenasyl

Das Kirchenasyl ist eine alte Schutztradition, aus der heraus es sich in den letzten drei Jahrzehnten zu einer Art Institution entwickelt hat. Ein Kirchenasyl kann dann eingreifen, wenn eine Abschiebung in eine Gefahrensituation droht. Das Kirchenasyl steht jedoch immer wieder unter Druck.

"Kirchenasyl" ist die zeitlich befristete Aufnahme von Geflüchteten, die von Abschiebung bedroht sind, in einer Kirchengemeinde, wenn den Betroffenen bei Abschiebung in ihr Herkunftsland Folter und Tod drohen oder für die mit einer Abschiebung oder Überstellung nicht hinnehmbare soziale, inhumane Härten verbunden sind. Mittlerweile kommt das Kirchenasyl fast ausschließlich in Dublin-Fällen vor. Mehr dazu hier:

→  Wissen kompakt: Das Dublin-Verfahren

Das Kirchenasyl ist eine Schutztradition, die von staatlichen Behörden häufig toleriert wird, aber immer wieder unter Druck gerät. Es gibt kein "Recht" auf Kirchenasyl.

Während des "Kirchenasyls" werden alle in Betracht zu ziehenden rechtlichen, sozialen und humanitären Gesichtspunkte geprüft. In einigen Fällen gelingt es, nachzuweisen, dass Entscheidungen von Behörden überprüfungsbedürftig sind und ein neues Asylverfahren erfolgversprechend ist. In allen Fällen werden die Behörden und Gerichte über den Aufenthalt unterrichtet.

In den letzten Jahren wurden Kirchenasyle ganz überwiegend Personen gewährt, die nach einem Dublin-Verfahren in ein anderes europäisches Land überstellt werden sollten. Für diese Fälle haben sich das Bundesinnenministerium, das BAMF sowie die katholische und die evangelische Kirche auf eine Vorgehensweise bei Kirchenasylen geeinigt. Diese sieht vor, dass die Kirchengemeinde innerhalb einer kurzen Frist ein Dossier zum Einzelfall einreicht, das vom BAMF mit Blick auf mögliche humanitäre Härten geprüft wird.

Im Falle einer negativen Entscheidung geht das BAMF ab diesem Zeitpunkt von einem illegalen Aufenthalt der im Kirchenasyl befindlichen Person aus. Strittig ist die Frage, ob sich Mitarbeitende der Kirchen ab diesem Zeitpunkt strafbar machen, wenn das Kirchenasyl aufrechterhalten wird. In einem im Februar 2022 ergangenen Urteil hat das Bayerische Oberste Landesgericht einen Mönch, der Kirchenasyl auch über das Ende des Dossier-Verfahrens hinaus gewährt hatte, vom Vorwurf der Beihilfe zum unerlaubten Aufenthalt freigesprochen. Laut dem Gericht war der angeklagte Mönch nicht verpflichtet, aktive Schritte zur Beendigung des Kirchenasyls zu unternehmen. Daher könne ihm keine Beihilfe und auch kein strafbares Unterlassen vorgeworfen werden (BayObLG, Urteil vom 25.2022 - 201 StRR 95/21 – asyl.net, M30502). Diese Entscheidung des Bayerischen Obersten Landesgerichts gilt zwar als richtungsweisend, sie ist allerdings nicht bindend für andere Gerichte. Zudem ist die Argumentation des Gerichts nicht unbedingt auf alle vergleichbaren Fälle anwendbar.

→  Zur Strafbarkeit von Kirchenasyl: Anmerkung von Johanna du Maire aus Asylmagazin 5/2022


Erstinformationen zum Kirchenasyl

Was ist das Kirchenasyl und wie hat es sich entwickelt? Das erste Kirchenasyl wurde im Jahr 1983 in Berlin gewährt. 1994 wurde die Bundesarbeitsgemeinschaft BAG Asyl in der Kirche e.V. gegründet. Auf der Webseite von "Asyl in der Kirche" sind viele weitere Informationen zu finden. Einige Informationen auf dieser Seite sind allerdings nicht mehr ganz aktuell, beispielsweise stammen einige Informationen noch aus der Zeit, als das BAMF regelmäßig bei Kirchenasylen von einem Untertauchen ausging und die Überstellungsfrist auf 18 Monate verlängerte. Hier hat sich – vor allem als Reaktion auf entsprechende Gerichtsentscheidungen, die Praxis des BAMF verändert. Die aktuelle Vorgehensweise des BAMF in diesem Punkt wird in dieser Meldung zusammengefasst.

→  www.kirchenasyl.de/erstinformation/


Informationen für die Praxis

Personen, die ein Kirchenasyl anstreben und Gemeinden, die überlegen, Kirchenasyl zu gewähren, finden auf der Website des Erzbistums Berlin nützliche Informationen wie eine Checkliste, das Merkblatt des BAMF zu den Vereinbarungen zwischen BAMF, Innenministerium und Kirchen bezüglich der Vorgehensweise in Kirchenasylfällen, und eine Handreichung der Deutschen Bischofskonferenz zur Orientierung in Fragen des Kirchenasyls vor. Während sich der einführende erste Teil grundsätzlichen und aktuellen Fragen des Kirchenasyls widmet, werden im zweiten Teil die Grundlagen des „Gemeinsamen Europäischen Asylsystems“ und die Auswirkungen auf die Situation in Deutschland dargestellt. Das dritte und abschließende Kapitel stellt Kirchengemeinden und Ordensgemeinschaften, die über ein Ersuchen um Kirchenasyl beraten, Hinweise für die Praxis zur Verfügung, insbesondere mit Blick auf die notwendigen Entscheidungs- und Kommunikationswege.

→  Checkliste Kirchenasyl

→  Merkblatt des BAMF zum Kirchenasyl

→  Handreichung der Deutschen Bischofskonferenz zum Kirchenasyl