Grundsätzlich können nur Personen, die einen Aufenthaltstitel haben, ihre Familie nach Deutschland holen. Eine Ausnahme gibt es für Personen, die sich im Asylverfahren befinden, und deren Angehörige in einem anderen Staat, in dem die Dublin-III-Verordnung gilt, einen Asylantrag gestellt haben.
Familienzusammenführung nach der Dublin-III-Verordnung
Die sogenannte Dublin-III-Verordnung regelt, welcher Staat für die Prüfung eines Asylantrags zuständig ist. Sie gilt in allen Staaten der Europäischen Union sowie in Island, Liechtenstein, Norwegen und der Schweiz. Die Verordnung ist damit zwar kein direktes Instrument der Familienzusammenführung. Allerdings müssen die Mitgliedstaaten bei ihrer Prüfung insbesondere die Regelungen zur Wahrung der Familieneinheit und des Kindeswohls vorrangig beachten. Somit ist es für Asylsuchende nach den Regelungen der Dublin-III-Verordnung unter bestimmten Bedingungen möglich, für das Asylverfahren mit ihren Angehörigen zusammengeführt zu werden.
Informationen zu den Voraussetzungen und zum Verfahren bei der Familienzusammenführung nach der Dublin-III-Verordnung finden Sie in der ausführlichen Arbeitshilfe der Diakonie und des Informationsverbundes Asyl und Migration.
Diese Veröffentlichung ist auch auf Englisch verfügbar.
Darüber hinaus bietet die Seite familie.asyl.net des Informationsverbundes Asyl & Migration weiterführende Informationen zu den Grundsätzen dieser Familienzusammenführung sowie zum Verfahren.
→ familie.asyl.net, Familienzusammenführung nach der Dublin-III-Verordnung
Familiennachzug bei Aufenthaltstitel: Grundsätzliche Voraussetzungen
Die Familienzusammenführung zu Personen mit einem Aufenthaltstitel (und auch der Nachzug ausländischer Angehöriger zu Deutschen) richten sich nach dem Aufenthaltsgesetz. Bei einem Familiennachzug müssen grundsätzlich der Lebensunterhalt der nachziehenden Angehörigen gesichert sein und genügend Wohnraum vorhanden sein. Eine Ausnahme besteht bei Menschen mit Asyl- bzw. Flüchtlingsschutz. Wenn der Antrag auf Familiennachzug innerhalb von drei Monaten nach der Anerkennung gestellt wurde, sind die Lebensunterhaltssicherung und der ausreichende Wohnraum nicht erforderlich.
Die weiteren Voraussetzungen sind vom Aufenthaltsstatus der in Deutschland lebenden Person abhängig. Wichtige Informationen zu den Voraussetzungen und zum Verfahren bietet das Portal familie.asyl.net:
→ familie.asyl.net, Familienzusammenführung außerhalb Europas
Für wen kommt eine Familienzusammenführung in Frage?
In der Regel ist ein Familienzusammenführung nur für Mitglieder der sogenannten „Kernfamilie“ möglich. Zur Kernfamilie gehören Ehepartner*innen sowie minderjährige, ledige Kinder und ihre Eltern. Je nachdem, welchen Status die Person, zu der der Nachzug stattfinden soll, in Deutschland hat, gelten unterschiedliche Voraussetzungen für den Familiennachzug. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen wird im Rahmen des Visumsverfahrens überprüft. Welche Voraussetzungen bei welchem Status vorliegen, wird beim Flüchtlingsrat Niedersachsen erläutert. Der Text "Wer ist berechtigt zum Familiennachzug?" gibt einen schnellen Überblick über die Regelungen ja nach Aufenthaltsstatus. Darüber hinaus werden im Leitfaden des Flüchtlingsrats Niedersachsen jeweils unter dem Punkt "aufenthaltsrechtliche Situation" für jeden Aufenthaltsstatus die genauen Voraussetzungen für für den Familiennachzug erläutert:
→ Flüchtlingsrat Niedersachsen, Wer ist berechtigt zum Familiennachzug?
→ Flüchtlingsrat Niedersachsen, Leitfaden
Für den Familiennachzug zu unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten hat das Beratungs- und Betreuungszentrum für junge Geflüchtete und Migrant*innen in Berlin ein Infoblatt für ehrenamtliche und hauptamtliche Vormünder*innen herausgegeben:
Beim Familiennachzug zu minderjährigen Kindern, die als Flüchtlinge anerkannt wurden, kommt es auf den Zeitpunkt der Asylantragstellung an. Der Anspruch auf Familienzusammenführung geht also nicht verloren, wenn ein Kind im Laufe des Asylverfahrens volljährig wird. Mehr dazu im folgenden Artikel:
→ Wissen kompakt: Elternnachzug zu jungen Geflüchteten
Wenn es um Personen außerhalb der Kernfamilie geht – beispielsweise Geschwister oder beim Nachzug von Eltern zu ihren volljährigen Kindern, ist eine Familienzusammenführung nur in außergewöhnlichen Fällen („wenn es zur Vermeidung einer außergewöhnlichen Härte erforderlich ist“) möglich.
Für den Nachzug von Eltern und Schwiegereltern von Fachkräften hat die schleswig-holsteinische Landesbeauftragte für Flüchtlings-, Asyl- und Zuwanderungsfragen eine Handreichung herausgegeben, die sich insbsondere an die Beratungspraxis richtet. Themen sind die Voraussetzungen und die praktischen Fragen des Familiennachzugs für diese Gruppe.
Familienzusammenführung und Visumsverfahren
Die Person, die im Rahmen der Familienzusammenführung nach Deutschland ziehen möchte, braucht dazu ein Visum. Das Visum muss bei einer zuständigen deutschen Auslandsvertretung (Botschaft oder Konsulat) beantragt werden. Welche deutsche Auslandsvertretung zuständig ist, richtet sich danach, in welchem Staat die nachzugswillige Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat. Das ist nicht immer der Staat, in dem die Person lebt. Gerade in einigen der Hauptherkunftsländer von Geflüchteten gibt es aktuell keine deutsche Botschaft. In solchen Fällen (beispielsweise Afghanistan, Syrien, Eritrea) sind deutschen Auslandsvertretungen in Nachbarstaaten zuständig. Zur Vorsprache in der deutschen Botschaft muss die nachzugswillige Person einen Termin bei der zuständigen deutschen Auslandsvertretung vereinbaren. Das geht in aller Regel online über die Website der jeweiligen deutschen Auslandsvertretung.
Eine Übersicht über das Verfahren bieten der Flüchtlingsrat Niedersachsen und das Portal familie.asyl.net:
Flüchtlingsrat Niedersachsen, Wie läuft das Visumverfahren ab?
familie.asyl.net, Informationen zum Verfahren der Familienzusammenführung
Unterstützung und Beratung
Das Familiennachzugsverfahren ist meist sehr langwierig und kompliziert. Oft warten die Betroffenen lange auf einen Termin bei der deutschen Auslandsvertretung und dann auch nochmal lange auf die Bearbeitung ihres Antrags. Es werden Nachweise verlangt – beispielsweise Heiratsurkunden und Identitätsnachweise, die in manchen Fällen schwer oder unmöglich zu beschaffen sind. Deswegen ist es wichtig, sowohl in Deutschland als auch in dem Land, in dem sich die nachzugswillige Person aufhält, Unterstützung und Beratung in Anspruch zu nehmen. Dazu kann man sich in Deutschland an Rechtsanwält*innen, an den Suchdienst des Deutschen Roten Kreuzes oder an Beratungsstellen der Wohlfahrtsverbände wenden. In einigen Herkunfts- und Transitstaaten können sich nachzugswillige Angehörige an die Internationale Organisation für Migration wenden. Einen Überblick über die vorhandenen Beratungsstellen mitsamt Kontaktadressen finden Sie bei familie.asyl.net.
→ familie.asyl.net, Familienzusammenführung – Unterstützungsmöglichkeiten
Weitere Informationen zum Familiennachzug
Wichtige Informationen zum Familiennachzug vermittelt eine Arbeitshilfe der Caritas, die sich insbesondere an die Beratungspraxis wendet und wichtige Tipps bietet. Einleitend werden die wichtigsten Rechtsbegriffe und Regelungen des Aufenthaltsgesetzes erläutert, soweit sie den Familiennachzug betreffen. Ein weiterer Abschnitt behandelt die aufenthaltsrechtliche Situation der Nachgezogenen nach der Einreise. Die Erläuterungen zu den rechtlichen Rahmenbedingungen werden ergänzt durch zahlreiche Hinweise für konkrete Beratungssituationen, zudem enthält die Arbeitshilfe Musterschreiben für Schriftsätze an Auslandsvertretungen oder Ausländerbehörden. In einem weiteren Abschnitt wird darüber hinaus auf die Grenzen der Beratungstätigkeit in der Flüchtlingssozialarbeit eingegangen.
→ Deutscher Caritasverband, Migration im Fokus: Familiennachzug, November 2021
Vielfältige Informationen zum Familiennachzug bietet der DRK-Suchdienst, der die rechtlichen Möglichkeiten erläutert, Beratung anbietet und mit seinen "Fachinformationen zum Familiennachzug von und zu Flüchtlingen" die rechtlichen und praktischen Entwicklungen aufbereitet.
→ DRK-Suchdienst für Flüchlinge, Familienzusammenführung und Nachzug von Angehörigen
Ein Schulungsvideo, das im Rahmen einer Reihe vom Deutschen Roten Kreuz gemeinsam mit der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg im Dezember 2022 veröffentlicht wurde, erklärt die Voraussetzungen des Familiennachzugs (z.B. Lebensunterhaltssicherung, Wohnraum, Sprachkenntnisse) von Angehörigen der sogenannten Kernfamilie, wobei zwischen verschiedenen dem Nachzug zu deutschen Staatsangehörigen und dem Nachzug zu "Drittstaatsangehörigen" (Staatsangehörige eines Nicht-EU-Staates), inkl. Regelungen für anerkannte Flüchtlinge unterschieden wird.
→ DRK, Schulung Migrationsrecht, Teil 5: Familiennachzug, Dezember 2022
Umfangreiche, aktuelle Informationen rund um das Thema Familienzusammenführung finden Sie bei familie.asyl.net. Unter anderem gibt es dort Informationen zu den Rechtsgrundlagen, zum Verfahren, zu Unterstützungsmöglichkeiten, so wie aktuelle Rechtsprechung und Informationen über länderspezifische Besonderheiten.